Brandgefährliche V-Leute-Praxis muss beendet werden

Zur heutigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Aufklärung der NSU-Aktivitäten und weiterer rechtsterroristischer Strukturen in M-V erklärt das stellvertretende Ausschussmitglied der Linksfraktion, Christian Albrecht:

 

„Der langjährige Referatsleiter im Verfassungsschutz für den Bereich Rechtsextremismus, Michael Flenker, beschrieb eindringlich die unauflösbare Problematik, die mit dem Geschäft mit staatlich alimentierten Nazi-Spitzeln einhergeht. Wer Informationen aus dem Inneren der militanten Szene gewinnen wolle, müsse sich selbst mit Gewalttätern einlassen. In diesem Zusammenhang den Begriff von ‚Vertrauenspersonen‘ zu verwenden, ist ein Euphemismus für eine unsägliche Praxis, die beendet werden muss.

 

Auch in Mecklenburg-Vorpommern erschütterte um die Jahrtausendwende ein Spitzelskandal das politische Schwerin und sorgte für personelle Konsequenzen. Vonseiten des damaligen Leiters der Landesverfassungsschutzes hieß es in dem Zusammenhang, dass der V-Mann-Einsatz von Michael Gr., Deckname Martin, ‚aus dem Ruder gelaufen‘ sei, als dieser einen rassistisch motivierten Brandanschlag beging und einen anderen Neonazi ins Koma prügelte. Ich frage mich ernsthaft, wie so ein Einsatz aus dem Ruder laufen soll, dessen Ende mindestens erwartbar war. Michael Gr. war bereits vor seiner Anwerbung durch schwere Gewaltdelikte polizeibekannt. Es war kaum zu erwarten, dass er unter dem Schutzschirm des Verfassungsschutzes der Gewalt abschwört.

 

Angesichts der polizeilichen Vorerkenntnisse hätte der Zeuge aus heutiger Sicht die Verpflichtung Michael Gr.s deutlich kritischer gesehen. Möglicherweise verstieß diese sogar gegen die Richtlinien zur Anwerbung von V-Leuten. Es habe jedoch den Auftrag aus dem Innenministerium gegeben, aggressiv um Spitzel zu werben. Die ‚Risikobereitschaft‘ sei damals womöglich höher gewesen. Für meine Fraktion bleibt diese Praxis ein Spiel mit dem Feuer. Für unsere Untersuchungen im NSU-Komplex haben die V-Leute in der Szene bislang keinen nennenswerten Mehrwert erbracht. Es bleibt die Frage, was der Verfassungsschutz durch sein Spitzelnetzwerk über die Einbindung des früheren NPD-Landesvorsitzenden Hans Günter Eisenecker in die Unterstützung des späteren NSU-Kerntrios in Erfahrung bringen konnte.“