Warum weicht das Justizministerium aus?

Jacqueline BernhardtPressemeldungen

Zur Antwort der Landesregierung auf ihre Kleine Anfrage „Tätige Richterinnen und Richter in M-V“ (Drs. 7/6363, Anlage) erklärt die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jacqueline Bernhardt:

„Abgeordnete haben das Recht, dass alle Anfragen an die Landesregierung durch diese nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig beantwortet werden müssen. So steht es in der Verfassung. In der vorliegenden Antwort wurden mir wichtige Antworten offenbar bewusst vorenthalten. Gerade wenn es um die Frage geht, ob Aussagen des Justizministeriums im Rechtsausschuss richtig bzw. vollständig waren, darf nicht ausgewichen werden. Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben wir eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung. Ich erwarte umgehend Aufklärung über diesen Sachverhalt.“

Hintergrund. Am 3. August 2021 berichtete der NDR unter dem Titel „Offenbar Richtermangel in Neubrandenburg: Prozesse verzögert“ über die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit des Landgerichts Neubrandenburg. Offenbar drohten Entlassungen aus der Untersuchungshaft wegen nicht fristgerecht anberaumter Hauptverhandlungen. Die Linksfraktion beantragte daraufhin zu dem Thema eine Unterrichtung durch das Justizministerium im Rechtsausschuss. In der Sitzung des Rechtsausschusses am 4. August 2021 erklärte das Justizministerium, dass es grundsätzlich keinen Personalmangel am Landgericht Neubrandenburg gäbe. Dem Gericht seien 20 Planstellen zugewiesen worden, 19 davon seien besetzt, eine weitere Stelle sei im Ausschreibungsverfahren. Die Personalprobleme seien auf die nicht vorhersehbare längerfristige Erkrankung zweier Kammermitglieder zurückzuführen.

In der Folge erreichten die Linksfraktion Hinweise aus mehreren unabhängigen Quellen aus dem Umfeld des Landgerichts Neubrandenburg, wonach die Angaben des Justizministeriums in Frage gestellt wurden. Tatsächlich seien nur 18 Richterinnen und Richter am Landgericht tätig. Unter Berücksichtigung von Krankheit, diversen Freistellungen und der Tatsache, dass es sich bei drei Richterinnen und Richtern um solche auf Probe handele, stünden dem Landgericht faktisch nur 11 Richterinnen und Richter für die spruchrichterliche Tätigkeit zur Verfügung.

Zur Klärung der tatsächlichen Situation stellte die Linksfraktion die oben genannte Kleine Anfrage, in der die Situation im richterlichen Dienst für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften separat abgefragt wurden. Dem in Artikel 40 Absatz 1 der Landesverfassung vorgeschriebenem Gebot, dem Landtag und seinen Ausschüssen ihre Fragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten, kam die Landesregierung nicht nach. Anstatt die Fragen für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften separat zu beantworten – was in der Vergangenheit bei entsprechenden Anfragen auch stets geschah – wurde diesmal nur in Blöcken geantwortet (für alle Amtsgerichte, Landgerichte etc. zusammen). Eine Überprüfung einzelner Gerichte, wie dem Landgericht Neubrandenburg, ist somit nicht möglich.