Entwicklungen im Kinder- und Jugendtourismus bleiben alarmierend

Henning FoersterPressemeldungen

Zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Entwicklung im Kinder- und Jugendtourismus“ (Drs. 7/3109) erklärt der tourismuspolitische Sprecher der Linksfraktion, Henning Foerster:

„Es ist skandalös und absolut unbegreiflich, wie fahrlässig die Landesregierung beim Thema Kinder- und Jugendtourismus agiert. Während stets und ständig die Potentiale des Tourismuslandes Nummer 1 bejubelt werden, geht das Sterben von Kinder- und Jugendübernachtungsstätten munter weiter. Hauptgrund für die Schließungen ist zumeist der große Investitionsstau. Gerade den gemeinnützigen Einrichtungen, die etwa die Hälfte der Anbieter ausmachen, fehlt das nötige Geld, um dringend notwendige Modernisierungen vorzunehmen. Auf Unterstützung des Landes oder gar eine Investitionsoffensive, wie ich sie seit langem fordere, warten sie jedoch vergeblich. Mit der Übernahme der Mitgliedsbeiträge für die Mitgliedschaft der Schulen im Deutschen Jugendherbergswerk und der damit verbundenen Werbung der Bildungsministerin, vor allem das Angebot des DJH verstärkt zu nutzen, werden andere Anbieter benachteiligt. Ihren Ärger darüber haben mehrere Wettbewerber offenbar auch gegenüber der Landesregierung angezeigt.

Mecklenburg-Vorpommern hatte einmal den Spitzenplatz in Deutschland beim Kinder- und Jugendtourismus inne. Erkämpft wurde dieser nicht nur mit einer  vielseitigen Anbieterstruktur, sondern auch Dank einer professionell arbeitenden Koordinierungsstelle, die den wechselseitigen Austausch ermöglichte und die Häuser bei Fragen der Zertifizierung beriet. All dies geschah mit politischer Rückendeckung für die wichtige Arbeit der Beschäftigten in den Häusern und unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft. Von all dem hat sich die Landesregierung offenbar verabschiedet. Sie schlägt sich heute auf die Seite einzelner Anbieter und lässt andere Träger am langen Arm verhungern. Die Koordinierungsstelle „junges Land für junge Leute“ hat sie abgewickelt, Ersatz dafür ist nicht in Sicht. Wenn das Sterben der Einrichtungen in diesem Tempo weitergeht, gibt es in naher Zukunft nur noch hochpreisige  Angebote. Zudem bleibt die Frage, ob die abnehmenden Kapazitäten die Nachfrage überhaupt noch bedienen können. Offenbar spielt das Segment des Kinder- und Jugendtourismus für die Landesregierung eine nachrangige Rolle, wenn es um die Entwicklung des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern geht. Das ist bedauerlich und falsch.“

 

Hintergrund: Seit 2005 wurden über 60 Kinder- und Jugendübernachtungsstätten mit einer Gesamtkapazität von nunmehr fast 5000 Betten geschlossen oder umgenutzt. Darunter sind viele Angebote, die besonders Kindern, Jugendlichen und Familien mit geringeren Einkommen eine gute und preiswerte Urlaubsmöglichkeit boten. Ein trauriges Beispiel ist der Reiterhof Barth, dem eine unzureichende Wirtschaftlichkeit in der Antwort auf die Kleine Anfrage unterstellt wird. Die Angebotsstruktur in M-V sieht laut Untersuchung aus dem Jahr 2016 folgendermaßen aus:

Jugendherbergen (19%)

Jugendcamping-/Jugendzeltplätze (16%)

Schullandheime/Kreisschulheime (11%)

Jugendbildungsstätten (11%)

Jugendgästehäuser (10%)

Jugendgruppenhäusern (9%),

Ferienhöfe (9%)

Hostels (8%)

 

53% der Kinder- und Jugendunterkünfte haben einen gewerblichen Träger, 44% haben freie (gemeinnützige) und 4% öffentliche Träger. Während in den Jugendherbergen der Anteil an Klassenfahrten an den Gesamtübernachtungen 27,4 Prozent  betrug und damit 106.000 Übernachtungen ausmachte, sind es bei den Schullandheimen 45 Prozent Anteil an den Gesamtübernachtungen und 35.000 Übernachtungen.