Drei Jahre 'Ehe für Alle': "Ein Meilenstein, auf dem wir uns nicht ausruhen dürfen"

Heute vor drei Jahren verabschiedete der Bundestag in der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause das Gesetz zur Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts, die 'Ehe für alle'. Vorausgegangen war diesem Beschluss eine jahrzehntelange gesellschaftliche Debatte mit vielen Initiativen engagierter Einzelpersonen und Verbände. Zum Jahrestag erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungs- und queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

"Die Eheöffnung war ein Meilenstein, der nach beständigem Druck und vielen Vertagungen in einem günstigen Zeitfenster überfällig und plötzlich Realität war. Die 'Ehe für alle' ist vielerorts längst selbstverständlich, gleichzeitig muss sie gegen Angriffe von rechts verteidigt und in einigen Ausführungsfragen noch konsequent in gleiches Recht umgesetzt werden. Queere Personen und ihre Lebensrealitäten werden bis heute oft nicht bedacht. So sind etwa lesbische Ehepaare nach wie vor im Abstammungs- und Adoptionsrecht dazu verpflichtet, zur beidseitigen Anerkennung ihrer in der Ehe geborenen Kinder das mühsame Verfahren der Stiefkindadoption zu durchlaufen. Hier braucht es dringend eine Reform des Abstammungsrechts. Dass die Koalition nicht wenigstens schon im Zuge des kürzlich beschlossenen Adoptionshilfe-Gesetzes, das diese Woche im Bundesrat behandelt wird, für nötige Regelungen gesorgt hat, sondern im Gegenteil die Diskriminierung noch weiter verschärfte, ist unfassbar. Auf dem Meilenstein 'Ehe für alle' lässt sich also nicht ausruhen, zur echten Gleichstellung von Ehen und Verantwortungsgemeinschaften bleibt weiter viel zu tun."

Überhaupt bedeutet die Eheöffnung nicht annähernd, dass queerpolitische Baustellen damit geklärt sind. Weiterhin müssen queere Menschen u.a. auf dem Arbeitsmarkt und im Gesundheitsbereich um vollständige Akzeptanz und adäquate Behandlung kämpfen. In ungeschützten Räumen sind Beleidigungen und Gewalttaten immer noch an der Tagesordnung, zuletzt am Rande des CSD in Berlin am vergangenen Wochenende. Dort wurde das Team der lesbischen Initiative Rat und Tat e.V. (RuT) von Passanten bei Dreharbeiten bedroht. "Es bleibt essentiell, dass rechtliche Gleichstellung, Antidiskriminierungsarbeit und Gewaltprävention auf- und ausgebaut wird. Aktuell darf nicht aus dem Blick geraten, dass auch queere Infrastruktur, Kultur und Selbstorganisation knietief in der Corona-Krise steht und mit öffentlichen Mitteln erhalten und gestärkt werden muss", so Achelwilm.