Doris Achelwilm: Diskriminierungen bei der Blutspende beenden!

Rede von Doris Achelwilm, 27. Mai 2020, Deutscher Bundestag

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anwesende! Blutspenden retten Leben. Sie müssen absolut sicher und möglichst ohne Diskriminierung ablaufen. Auf der Achse der Diskriminierungsfreiheit ist noch deutlich Luft nach oben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lange waren schwule und bisexuelle Männer kategorisch von der Blutspende ausgeschlossen. Nach einer Aufforderung durch den Europäischen Gerichtshof, weniger pauschale und belastende Methoden des Gesundheitsschutzes zu prüfen, wurde die Blutspenderichtlinie der Bundesärztekammer überarbeitet, allerdings nur sehr fadenscheinig und formal. Männer, die Sex mit Männern haben, dürfen in Deutschland seit 2017 nach einjähriger Abstinenz Blut spenden. Diese Fortsetzung der alten Grenzziehung stößt Betroffene, die helfen wollen, verständlicherweise vor den Kopf und ist so nicht länger haltbar. Es geht auch anders, ohne dass dadurch die nötige Sicherheit von Blutprodukten beeinträchtigt wäre.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diverse Länder in Europa praktizieren hier eine Rückstellungsfrist von drei Monaten. Dänemark und Frankreich planen eine Dauer von vier Monaten. Bestimmte Fristen sind auch notwendig, um das diagnostische Zeitfenster von sechs Wochen zum Nachweis einer HIV-Infektion einzuhalten. Eine exklusive Sonderausschlusszeit von einem Jahr hingegen ist lebensfremd und nicht notwendig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Richtlinie Hämotherapie gehört in diesem Sinne geklärt: Wie genau müssen wir mit mehr Zeit und vielen Sachverständigen prüfen und diskutieren?

Dass die medizinische Beurteilung zur sicheren Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen bestimmten Risikogruppen gegenüber auf recht fragwürdigen Grundlagen beruht, zeigt sich insbesondere auch beim Ausschluss transgeschlechtlicher Menschen. Sie unterstellt neben beruflichen Vorlieben, dass Transpersonen gesundheitlich immer mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten sind, was völlig absurd ist. Noch mal zur Erinnerung: Eine Person mit sexuellem Risikoverhalten ist bereits durch bestehende Ausführungen von der Blutspende ausgeschlossen. Eine doppelte Markierung schafft nicht automatisch mehr Sicherheit, aber bestätigt definitiv Vorurteile auf Kosten der so markierten Menschen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das passiert dann ganz konkret: Den Blutspendefragebogen mit diesen Ausführungen lesen alle, die ihn beim Spenden gewissenhaft ausfüllen, und ich denke, dass es außer den direkt Betroffenen gesellschaftliche Mehrheiten gibt, die sich hier klare diskriminierungs- und widerspruchsfreie Kriterien wünschen. Verantwortung beim Blutspenden tragen Menschen ohnehin nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, die so oder so gelebt werden kann, sondern aufgrund ihres individuellen Risikoverhaltens. Die Richtlinie sollte diesen Grundsatz stärken und nicht Vorurteile reproduzieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zur Abwägung und Klärung offener Fragen sind Gesetzgeber und Exekutive also auch aus unserer Sicht gefordert. Die Aufgabe sollte nicht allein einer wissenschaftlichen Fachebene überlassen werden, auch wenn Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut als zuständiger Bundesoberbehörde selbstverständlich herzustellen ist. Nichts spricht dagegen, dass wir uns jetzt in Ausschüssen mit der nötigen wissenschaftlichen Beratung, demokratisch legitimiert, transparent und unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Gruppen dafür einsetzen, dass Blutspenden auf jeder Ebene optimal geregelt sind. Im Gegenteil: Vieles spricht dafür.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)